Die Weinbloggerszene diskutiert gerade über einen Artikel des ehemaligen Sommelier-Weltmeisters Markus del Monego MW in der Onlineausgabe der Fit for Fun.

In diesem Artikel gibt Tipps wie man beim Weinkauf im Supermarkt den richtige Wein aussucht und welcher Wein zu welchem Essen passt.

Damit hat er natürlich gleich mehrere rote Tücher für die Weinszene aufgespannt, auf die nun fleissig eingerannt wird. Kritische Beiträge finden sich beispielsweise von Eckard Supp auf Enoworldwine mit „Welmeisterlich daneben“ sowie von Michael W. Pleitgen auf Weinakademi-Berlin mit „Sind jetzt alle Aldi?“.

Wenn man den Artikel von del Monego betrachtet, muß man als erstes zwei Fragen stellen. Erstens: Wer ist das Zielpublikum? Zweitens: Was will der Artikel erreichen?

Das Zielpublikum ist – das gibt bereits die Publikation in der Artikel erscheint vor – der ganz normale Verbraucher und nicht diejenigen die sich intensiv mit Wein beschäftigen. Es sind diejenigen, die einen ordentlichen Essensbegleiter suchen und nicht das „Erlebnis Degustation“.

Der Artikel will offensichtlich erreichen den Normalverbraucher in seiner Lebenswelt praktische Hilfe zu geben eine etwas bessere Weinwahl zu Treffen, nicht ihn zum „rechten Weg“ zu bekehren.

Und genau hier begeht del Monego bereits die erste Todsünde: Er wagt es doch tatsächlich die Tatsache zu akzeptieren, das der Leser seinen Wein im Supermarkt kauft und ihn nicht zu belehren, das es guten Wein „selbstverständlich“ nur im Fachhandel gibt. Damit disqualifiziert er sich offensichtlich in den Augen einiger Kommentatoren bereits als ernstzunehmender Weinexperte.

Doch akzeptieren wir für diese Analyse diese infame Prämisse:

Die Tipps die del Monego gibt sind durch die Bank richtig:

  • Nicht von der hübschen Aufmachung täuschen lassen.
  • Im Supermarkt eher jüngere Weine bevorzugen, da die Weine dort nicht zur Lagerung gedacht sind.
  • Staub auf den Flaschen sind im Supermarkt kein gutes, sondern ein schlechtes Zeichen.
  • Erstmal selbst eine Flasche probieren bevor man eine größere Menge kauft.
  • Teuerer bedeutet nicht unbedingt besser

Moment! Was erlauben del Monego? Hat er da tasächlich geschrieben, es gäbe günstigere Weine die besser sind als teurere und dann noch etwa es gäbe „tolle“ Weine bereits ab 2 Euro?

Ja hat er! Nehmen wir die beiden Aussagen mal auseinander:

Zum ersten Teil: Jeder der bereits einen Bordeaux mit gutem Namen für 20€ aufwärts aus einem „kleinen Jahrgang“ gegen einen ordentlichen BDX-Blend aus Südafrika oder Argentinien für 5-10€ blind verkostet hat, wird zustimmen können, das teurer nicht immer besser bedeutet (Über Burgundische Qualitätskapriolen will ich jetzt erst gar nicht reden).

Zum Zweiten Teil müssen wir est einmal definieren was „toll“ bei Weinen bedeutet. Für mich und die meisten anderen Wein-Verrückten bedeutet dies wohl 87 oder 90 Punkte aufwärts, aber (und nun sollten die Kritiker des Artikels aufpassen): Dieser Artikel ist nicht für uns geschrieben!

Für den Otto-Normalverbraucher bedeutet „toller“ Wein, ein Wein der zum Essen schmeckt, der nicht nur voll macht, sondern auch sowas wie Aromen mitbringt und der sich von der bisherigen Erlebniswelt des Verbrauchers positiv absetzt. Wir als „Weinkenner“ würden bei einem solchen Wein natürlich lediglich von „trinkbar“ reden.

Zu den Weinen kann ich nicht viel sagen, da ich lediglich einen (Den Südafrikanischen Sauvingnon von Aldi Süd für 2,99€) kenne. Dieser jedoch ist ein ordentlich gemachter Wein, den ich sicherlich nicht wegschütten würde. Ich habe diesen sogar schon noch studierenden Freunden als Wein für eine Party mit studententypischen Budget empfohlen und durchaus positive Rückmeldung erhalten. Dieses für mich nachvollziehbare Besipiel erfüllt also das mutmaßliche Ziel des Artikels und bestätigt: Del Monego hat seinen Job als Sommelier (!) richtig gemacht: Nämlich dem Kunden auf Basis dessen Erfahrungsstand und pekuniären Vorstellungen zu einem guten Weinerlebnis zu verhelfen. Für einen guten Sommelier muß der Kunde wichtiger sein als die Persönliche „Wein-Ideologie“.

Wir als Wein-Fans sollten niemals vergessen, das es eben nicht „Normal“ ist hunderte oder gar tausende Weinflaschen im Gegenwert eines Klein- bis Mittelklassewagens im Keller zu horten und 10€ Weine (dies ist für die meisten Verbraucher die Preis-Schallgrenze) als Alltagsweine zu betrachten.