Hier nun der Bericht über der Zweiten Tag der Bochumer Bordeaux Raritätenprobe im Januar.

Da an diesem Tag die „jüngeren“ Bordeauxs verkostet wurden Stand der Genuß deutlich stärker im Vordergrund.
Wiederum war die Veranstaltung von Uwe Bende glänzend organisiert, und ich muß an dieser Stelle meinen Dank an Ihn nochmals wiederholen.



Auch die tolle Mannschaft blieb bis auf eine Auswechslung erhalten, und daß Klaus Nehr heute zu uns stieß verschlechterte die gute Stimmung bestimmt nicht!

Aperitiv: Drei Rieslinge und ein uralter Vermouth
Der Abend began mit drei illusteren Rieslingen. Der erste – „Die Legende“ 2001er Saumagen „R“ – die ich zum ersten mal im Glas hatte, konnte nicht so recht überzeugen. Peter, der den Wein wohl recht gut kennt, meinte, er hätte dekantiert werden sollen. Er entwickelte sich dann auch im Glas, aber bei weitem nicht dahin, wo man ihn ob seines Rufes hätte erwarten können. Der 2001er von Alexander mitgebrachte Heymann-Löwenstein Röttgen begeisterte da schon deutlich mehr. Al letztes kehrten wir zum Kallstadter Saumagen zurück mit einer 2002er Spätlese trocken. Die war zwar ein sehr ordentlicher Wein, verblasste jedoch vor seinen Vorgängern.Zuletzt stellte Peter noch einen nach seinen Aussagen mindestens 40 Jahre alten Vermouth auf den Tisch.

2001 Koehler-Ruprecht Kallstadter Saumagen Riesling Auslese Trocken „R“, Pfalz
Hellgelb mit leichtem Grünton.
Hefige Nase mit unreifer Honigmelone und Aprikose.
Am Gaumen sanfte Limette und leichte Petroltöne (88)

2001 Weingut Heymann-Löwenstein Winninger Röttgen Riesling Spätlese trocken, Mosel
Dunkles Goldgelb
An der Nase Petrol, Aprikose und Mango
Am Gaumen tolles restsüßes Fruchtbild mit Mango und Pfirsich. Boytritisgeprägt (92)

2001 Koehler-Ruprecht Kallstadter Saumagen Riesling Spätlese trocken, Pfalz
Hellgelb
Leichte Nase mit Zitrone und Apfel
Am Gaumen säuerlicher Apfel und Zitrone

Alter Vermouth (Hersteller unbekannt) mind. 40 Jahre alt
Medizinal mit viel Salbei

1. Flight: Zwei 1952er aus dem Pomerol
Die eigentliche Verkostung startete mit 2 Pomerols aus 1952. Der Beauregard begeisterte weniger, dafür konnte der Clos du Commanderie – heute ist das Cray Croix de Gay – einen vielversprechenden Einstieg in den Abend bieten.


1952 Clos Beauregard, Pomerol
Farblich zwischen Rubin- und Ziegelrot
Kirschige Nase
Am Gaumen astringent aber mit leichtem Körper. Schlehe, Kirsche. (83)

1952 Clos du Commanderie, (Heute: Château Vray Croix de Gay), Pomerol, Abfüllung: Van der Meulen
Dunkles Rubin, fast ohne Wasserrand
Dunkelfruchtiges Nasenbild mit Heidelbeeren, Brombeeren und später auch Schwazkirsche (89)

Vorspeise
Auch heute war das Menü wieder köstlich. Es gab ein hervoragendes Rauchforellenmous mit Roter Beete und einer sehr interessanten Feldsalatsauce, die ein bisschen wie diese eigentümlich künstliche Sirups aussah, die manche italienischen Eisdielen benutzen, aber hervorragend wenn auch ungewohnt schmeckte. Dazu reichte Uwe einen Puligny-Montrachet.

2002 Domaine Borgeot Puligny-Montrachet Vieilles Vignes
Buttrig. Am Gaumen Birne und unreifen Pfirsich (87)

2. Flight: Zwei 1952 vom Linken Ufer
Der zweite Flight wartete dann gleich mit zwei großen Namen auf. Der Baron war, wenn auch sicherlich nicht schlecht, eher entäuschend, dafür machte der Palmer richtig Spaß und war das erste hedonistische Erlebnis des Abends.


1952 Château Pichon-Longueville Baron, Pauillac
Rubin- bis Ziegelrot. Kaum Wasserrand.
In der Nase süße Kirsche und Cassis
Am Gaumen saure schwarze Johannisbeere (86)

1952 Château Palmer, Margaux
An der Nase etwas Maggi aber auch reichlich Cassis und Erbeeren
Am Gaumen Heidelbeeren und Brombeeren. Toller Wein! (92)

Fluch der Karibik Teil 1
Zur „Erholung“ folgte nun die erste Runde einer heute nicht enden wollender Flut von Piraten. Wenn auf einmal Jonny Depp im Zimmer gestanden hätte, hätte mich dies nicht gewundert. Um so mehr wunderte mich es, als Peter nach langem ergebnislosen raten (ich hätte auf einen reiferen Südfranzosen getippt) eröfffnete, was er denn hier mitgebracht hatte: Ein 14 jahre alten Dornfelder aus de Pfalz! Für mich, der Dornfelder eher unter Rebkrankheit als unter Rebsorte einordnet war dies ein geradezu erleuchtendes Erlebnis, den dies war toller Stoff!. Wohl gewollt holte uns Peter mit einem knapp 60 Jahre alten Supermarktwein wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.

1994 Werner Pfleger, Horxheimer Honigsack, Dornfelder, Pfalz
Dunkles trübes Rubin
In der Nase Würzig/Fruchtig nach Nelken, Brombeeren und Cassis
Am Gaumen mittelschwerer Körper. Süße Lakritze, Brombeeren und Heidelbeeren (90)

1949 Edeka Weinkellerei, Dürkheimer Rotwein, Pfalz
In der Nase medizinal und vegetabil
Am Gaumen säuerlich mit starken Petroltönen (NR)

3. Flight: 1955 – Linkes Ufer
Als nächstes gab es zwei 1955er aus dem Medoc. Dabei konnte der Haut-Bages Liberal mit viel Frucht überzeugen. Der Fourcas Hosten war noch gut stukturiert und noch sehr angenehm zu trinken.



1955 Château Haut-Bages Libéral, Pauillac
Granat- bis Ziegelrot
In der Nase Kompottig mit Pflaume Erdbeere un Rhabarber
Am gaumen leicht süßlich/würzig mit Kirsch, Plaume und Nelke. Später Tabak. Mittlerer Abgang (91)

1955 Château Fourcas Hosten, Listrac-Medoc
Rubinrot
In der Nase dezent aber Komplex mit Kandis und Schattenmorellen.
Gut strukturiert mit erdigen und Pilizgen Armonen am Gaumen, auch Schlehe und Brombeer sind noch vorhanden. (87)

4. Flight: 1955 – St. Emillion
Dieser Flight wahr leider ein Totalausfall. Beide St. Emillions hatten viel Liebstöckel an der Nase und Maggi und Säure am Gaumen.

1955 Château Trotte Vieille, Saint Emillion Grand Cru
Rötlichbraun
In der Nase empfängt einen schon Liebstöckel und Fleischbrühe
Am Gaumen Pflaumen und Maggi. später kommt noch ein bisschen mehr Frucht durch (NR)

1955 Château Soutard, Saint Emillion Grand Cru
Dunkles rotbraun
In der Nase Liebstöckel
Am Gaumen Maggi und strake unangenehme Säure (NR)

Hauptspeise und Fluch der Karibik Teil 2
Als Hauptspeise gab es Lamrücken der perfekt zartrosa geggart war. Dazu Linsengemüse und Rosmarinkartoffeln.
Begeitend dazu fand der zweite Teil der großen Piratenschlacht und – daß muß man ehrlich sagen – auch der Genußhöhepunkt des Abends statt.
Der Charvin gab einen guten Einstieg. Der Pegau war ein traumhafter Wein und für mich der Beste des abends. Die Comtesse und der Musar waren aber nicht wirklich weit dahinter. So sollten alle Abendessen sein!

2000 Domaine Charvin, Châteauneuf-du-Pape
Rubinrot
Fruchtiges Nasenbild mit Süßkirschem Kirscheb und Brombeere
Am Gaumen Brombeere und Himbeere. Stabiele Tanninstruktur. (89)

1998 Domaine du Pégaü Châteauneuf-du-Pape Cuvée Réservée
Rubinrot
In der Nase kräftige Kirsche, Eukalypthus und Brombere
Am Gaumen vollfruchtig mit viel Brombeere und Schwarzkische.
Ich notierte: „Voll Toll!“ (93)

2003 Château Pichon Longueville Comtesse de Lalande, Pauillac
In der Nase Kirsche un Eukalypthus
Am Gaumen astringent mit viel Brombeere und Zimt (92)

1987 Chateau Musar, Bekaa Valley, Libanon
Ziegelrot
Die Nase hat zunächst Klebstofftöne, die aber schnell verfliegen. Danach Kirsch un Eukalypthus
Am Gaumen Himbeeren und Himbeermarmelade (92)

5. Flight: 1959er Pomerol 1
Der erste Flight der 1959er Pomerols, hatte natürlich an dem davor stattgefundenen Genußgewitter zu nagen. Die beiden Weine waren ordentlich aber nicht groß. Der Le Caillou konnte deutlich mehr überzeugen.

1959 Château Le Caillou, Pomerol
sattes Rubinrot
Die Nase ist Kirschdominiert
Am Gaumen rote Johanisbeere, Apfel und Zitrone.
Baut schnell ab (87)

1959 Château Vray Croix de Gay, Pomerol
Ziegelrot mit breitem Wasserrand
Reife Nase mit Petrol- und Madeiranoten
Am Gaumen rotbeerig mit Erd- und Himbeere (84)


6.Flight: 1959er Pomerol 2 – 2 Mal de Sales
Eine tolle Idee: Zweimal der gleiche Wein aus unterschiedlichen Abfüllungen – einmal von einem belgischen Abfüller, einmal die Gutsabfüllung. Wir waren gespannt! Doch leider wurde nichts draus. Die belgische Abfüllung hatte Kork. Die Gutsabfüllung hingegen empfing uns mit einer tollen Kirschnase und mache Spaß.

1959 Château de Sales, Pomerol, Belgische Abfüllung
leichter Korkton an der Nase. Geschacklich flach und nichtssagend (NR)

1959 Château de Sales, Pomerol
Rubinrot
Starke Nase mit Kirschen und kandierten Kirschen
Am Gaumen Himbeere, Schlehe und Erbeere (89)

Fluch der Karibik Teil 3
Nachdem das „offizielle“ Program vorbei war, began der dritte Teil der Piraten Parade: Eingeleitet wurde er von einem superben Chilenen aus 1948. Die ganz alten Piraten – ein 1918er Nuits St. Georges und ein 1923 Chambolle-Musigny – erwiesen sich dann allerding – zum Thema passend – als Zombies. Dafür entschädigte dann sogleich eine Comtesse: Diesmal eine 1964er.

1948 J.H. Bachmann Bremen (Abfüller) „Cabernet Saint-Pietro“, Chile
Wüzig/Kirschige Nase mit Nelke, Loorbeer und Ingwer die sich wundervoll am Gaumen fortsetzt (93)

1918 Flouch Fils Bordeaux (Abfüller), Nuits St. Georges
Säuerliche leicht kirschige Nase
Am Gaumen fast nur noch säuerlich (NR)

1923 Dan Davis & Cie, Chambolle-Musigny
Alkoholische Nase, am Gaumen madeiresierte Pflaume (NR)

1964 Château Pichon Longueville Comtesse de Lalande, Pauillac
Rubinrot
In der Nase Kirsche, Eukalypthus, Minze
Am Gaumen frische rote Johanissbeeraromen, Stachelbeer, Cassis. Lang im Abgang (89)


Dessert
Zum Dessert – Schokoladenfondant mit Amarenakirschen und Balsamicoreduktion – liesen wir es uns dann mit zwei interessanten Süßweinen gutgehen.

1964 Mas Amiel Maury
In der Nase leicht brandig, aber dabei nicht unangenehm
Am Gaumen Kräuter (85)

1959 Reichsgraf von Kesselstatt, Josephshöfer feine Auslese, Riesling, Mosel
Klare Boytritisnoten. An Nase und Gaumen Pfirsich und Mango (87)

Einzelne wurden jedoch dann nach so viel „Arbeit“ vom Schlaf übermannt..

…und ließen sich weder mit feiner Auslese…

noch mit einem kühlen Bier Wecken!

Am Ende bleibt nur zu sagen: Zwei fantastische, höchst lehrreiche Abende in Bochum, mit tollem Essen und sehr netten Weinfreunden